ein Nachrichten Blog von Rudi Kulzer
IBM Forscher konnten erstmals mithilfe der Rastersondenmikroskopie zeigen, wie sich Ladung innerhalb eines einzelnen Moleküls verteilt. Mit dieser neuen Fähigkeit können weitere fundamentale Erkenntnisse etwa über das Schalten einzelner Moleküle sowie deren Bindungsverhalten gewonnen werden. Darüber hinaus eröffnet sich die Möglichkeit, die Ladungsverteilung in ganzen Molekülkomplexen direkt abzubilden.
Dies ist von großer Bedeutung für die Erforschung von neuartigen Schaltelementen auf der Nanoskala und funktionalen molekularen Strukturen, zum Beispiel für Anwendungen in der Computertechnologie, der Solartechnik oder der Energiespeicherung.
In der Fachzeitschrift Nature Nanotechnology berichten Fabian Mohn, Leo Gross, Nikolaj Moll und Gerhard Meyer von IBM Research – Zürich, wie sie mithilfe der so genannten Kelvin-Rasterkraftmikroskopie bei tiefen Temperaturen und Ultrahochvakuum erstmals die Ladungsverteilung innerhalb eines einzelnen Moleküls – im vorliegenden Fall Naphthalocyanin – direkt abbilden konnten.
Die IBM Forscher um Gerhard Meyer haben in den letzten Jahren bereits bahnbrechende Fortschritte auf dem Gebiet der Oberflächenmikroskopie erzielt. So konnten sie erstmals die Elektronenorbitale einzelner Moleküle mit dem Rastertunnelmikroskop(STM) abbilden und sogar die chemische Struktur einzelner Moleküle mit dem Rasterkraftmikroskop (AFM) auflösen. Im aktuell veröffentlichten Artikelwird nun erstmals gezeigt, dass direkte Einblicke auch in die Ladungsverteilung einzelner Moleküle möglich sind.
Neben den bisherigen STM- und AFM-Messungen liefert die neue Technik komplementäre Informationen über die physikalischen und elektronischen Eigenschaften von Molekülen. Das ist vergleichbar mit Bildgebungsverfahren in der Medizin. Dort liefern Röntgen-, Magnetresonanztomographie-oder etwa Ultraschallaufnahmen unterschiedliche, sich ergänzende Informationenüber den Zustand eines Patienten.
Mit Rastersondenmikroskopen tief in den Nanokosmos vordringen
„Mit der Entwicklung der Rastersondenmikroskopie und verwandten Techniken in den 1980er Jahren wurde die Tür zum Nanokosmos weit aufgestoßen“, heißt es im Einführungsartikel der ersten Ausgabe von Nature Nanotechnology im Jahr 2006. Das STM und das AFM bilden zweiherausragende Instrumente für die Forschung auf atomarer und molekularer Skala. Das STM wurde 1981 von Gerd Binnig und Heinrich Rohrer am IBM Forschungslabor Zürich erfunden und ermöglichte es erstmals, einzelne Atome auf einer Oberfläche sichtbar zu machen. Für diese bahnbrechende Entwicklung erhielten die beiden Wissenschaftler 1986 den Nobelpreis in Physik.
Das STM ist jedoch kein traditionelles Mikroskop. Optische Mikroskope erreichen ihre Grenze bei einer Auflösung von etwa 250 Nanometern, das entspricht ungefähr der halben Wellenlänge von sichtbarem Licht. Das STM „sieht“ die Atome nicht, sondern „fühlt „sie mit einer äußerst feinen Spitze. Wird diese sehr nahe über die Probenoberfläche herangeführt und eine Spannung angelegt, kann ein Strom zwischen der Spitze und der Probe aufgrund des quantenmechanischen Tunnelns von Elektronengemessen werden. Hält man diesen Tunnelstrom konstant, so lässt sich durch Aufzeichnen der vertikalen Bewegung der Spitze beim Abrastern eine Struktur der Oberfläche mit atomarer Auflösung abbilden. Siehe Video: http://bit.ly/ibmstm
Einzelne Atome und Moleküle können mit dem STM auch gezielt verschoben und platziert werden. Dies wurde von Don Eigler bei IBM Research – Almaden 1989 erstmals demonstriert, indem er 35 Xenon-Atome gezielt zu den Buchstaben „I-B-M“ anordnete. Das AFM, das 1985 von Gerd Binnig erfunden wurde, basiert auf einer kleinen Spitze, die an einem beweglichen Federbalken angebracht ist. Dadurch lassen sich die winzigen Kräfte zwischen der Spitze und der Probe bestimmen, um so ein hochaufgelöstes Bild der Probe zu generieren.
Das STM und das AFM eröffnen die Möglichkeit, in Bereichen von einem millionstel Millimeter und darunter Strukturen abzubilden und darüber hinaus neuartige Nanobauelemente zu konstruieren und zu erforschen. Die Rastersondenmikroskopie ist damit nicht nur für die Wissenschaft von grundlegender Bedeutung, sondern auch ein wichtiger Wegbereiter für zukünftige Innovationen in der Informationstechnologie, Energietechnik, Medizin, Umwelttechnik und vielen anderen Bereichen.
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