Document Composite – DMS – ECM – Workflow – Output Management
In Akten abgelegte Dokumente sind in unserem Alltag so allgegenwärtig, dass wir uns in der Regel ihrer nicht bewusst sind. Sie sind uns eher lästig. Erst wenn im Geschäftsleben ein wichtiger Vorgang, ein Lieferschein oder eine Rechnung fehlt, denken wir für einen Moment über Dokumente nach. Ähnliches im Privatleben, etwa wenn es wichtige Unterlagen der Krankenkasse oder einen Rentenbescheid suchen.
Dabei geht es hier in der Regel um Papierdokumente, deren Form wir durch Jahrhunderte alte Tradition instinktiv noch begreifen. Viel schwieriger dagegen ist es, die Vielzahl von elektronischen Dokumenten zu begreifen, die uns umgeben, seit dem der Personal Computer Anfang der 80er Jahre seinen Siegeszug angetreten und unseren Alltag erobert hat.
Geschichte des Schreibens von Dokumenten
Die „Geschichte der Dokumente“ ist so spannend wie die Entwicklung der Zivilisation und des Handels. Allerdings ist sie als solche kaum explizit schriftlich überliefert. Doch die Suche nach der Schriftentstehung führt zu guten Quellen, deren Erkenntnisse eng mit dem Thema Dokumente verzahnt sind. Dazu gehören die Arbeiten von Jan Assmann. In seinem Buch „Das kulturelle Gedächtnis“ setzt er sich intensiv mit der Kulturtechnik des Schreibens und damit der Geschichte des Schreibens von Dokumenten auseinander.
Die Schrift, da sind sich alle Forscher einig, entwickelte sich aus frühen Formen von Alltagstexten. Die frühesten auf Tontafeln fixierten Texte halten in Keilschrift Eintragungen aus dem Steuer- und Rechnungswesen fest. Erst später kamen diplomatische Korrespondenz, religiöse und kulturelle Texte sowie Dichtung hinzu. So wuchs im Laufe der Zeit aus anfänglichen Gebrauchstexten des Alltags ein Vorrat von Texten mit normativem und formativem Anspruch.
Das Schreiben begann also mit dem Fixieren von Besitz oder Geschäften auf Tontafeln. Sie gehören zu den ältesten Schreibmaterialien der Menschheit und fanden vor allem im Gebiet des fruchtbaren Halbmonds zwischen den Flüssen Euphrat und Tigris in vorwiegend trocken-heißem Klima schon vor mehr als fünf Jahrtausenden Anwendung.
Dabei wurden zunächst Symbole in eine Tafel aus weichem Ton oder Lehm mit Hilfe eines Griffels eingeritzt oder eingedrückt und schließlich in der Sonne getrocknet und gehärtet. Mit Hilfe der Keilschrift wurden erste Ackerverzeichnisse und Steuerlisten festgehalten Am Nil in Ägypten wurde zusätzlich das Schreiben in Hieroglyphen auf Papyri erfunden.
Seither wird das Wissen über unsere Welt in enger Bindung an die Kulturtechnik „Schrift“ gesehen, wie Harald Haarmann in seiner „Geschichte der Schrift“ belegt. Selbst wenn heute der größte Teil aller Informationen, die in Datenbanken gespeichert werden, digitalisiert ist, werden diese Daten bei Abruf in Schrift umgewandelt. Erst dann ist der Nutzer in der Lage, sie zu verwenden.
Schrift wird in unserem digitalen Zeitalter in erster Linie nicht mehr dafür verwendet, Informationen zu speichern, sondern dient als Ein- und Ausgabemedium. Um also digital gespeicherte Daten verfügbar zu machen, ist Schrift auch heute noch ein unverzichtbares Medium der Kommunikation und des Umgangs mit Wissen.
Schreibmaschine und Personal Computer
Der Buchdruck dagegen spielte für die Geschichte der Dokumente nur eine indirekte Rolle. Er diente in erster Linie der raschen Vervielfältigung des Wissens und nicht dem Schreiben von Dokumenten. Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass letztendlich die beweglichen Typen der Schreibmaschine von den Schriftsetzern stammen. Bis zur Erfindung der Schreibmaschine wurde mühsam mit Federn – lange Gänsekiele, später aus Stahl, auf Pergament und Papier geschrieben.
Erst mit der Erfindung der Schreibmaschine wurde die Menschheit langsam von dieser Mühe erlöst. Die mechanisch und später elektrisch angetriebenen Geräte konnten Lettern über eine Tastatur auf Papier übertragen. In der Textverarbeitung sind sie aus heutiger Sicht als ein Vorläufer des Schreibcomputers anzusehen. Die Tastaturbelegung des Personal Computers entspricht dabei weitgehend der des Fernschreibers. Viele vom Maschinenschreiben bekannte Funktionen wurden in die moderne Textverarbeitung übernommen.
In den 80er Jahren begann der Siegeszug des Personal Computers, kurz PC, der als Mikrocomputer Einsatz an allen Arbeitsplätzen fand. Am Schreibtisch des Sachbearbeiters in den Unternehmen ist der PC nicht mehr wegzudenken und die wesentliche Schnittstelle zur Dokumentenerstellung.
Dokumente in der Finanzwirtschaft
Heute sind die wichtigsten systematischen Nutzer von Dokumentenverarbeitung neben den Ämtern der öffentlichen Verwaltung vor allem Finanzdienstleister, zu denen Versicherer, Versorgungsverbände und Banken gehören. Sie befinden sich seit der Öffnung der Märkte in einem scharfen Wettbewerb. Um ihre Geschäftsprozesse kosteneffizient und kundenorientiert auszurichten, müssen sie ihre IT-Systeme und deren Datenflüsse an diese neue Situation anpassen. Dabei kommt der automatisierten und personalisierten Erstellung von Dokumenten und dem entsprechenden Output-Management als Schnittstelle zum Kunden eine besondere Bedeutung zu.
Doch die dringend notwendigen Veränderungen lassen sich in der noch immer heterogenen Systemlandschaft nur schwer realisieren. Das liegt vor allem daran, dass in diesem IT-Umfeld noch viele Anwendungen von der „Legacy“, also dem „Erbe“ einer gewachsenen Infrastruktur geprägt sind. So arbeiten Finanzdienstleister häufig mit selbstentwickelten IT-Systemen, die teilweise schon seit Jahrzehnten auf Großrechnern mit Mainframe-Struktur (Host) betrieben werden.
Die wichtigsten Merkmale dieser ursprünglich ausschließlich transaktionsorientierten Architektur sind hohe Verfügbarkeit und Sicherheit. Dabei geschah die Verarbeitung von Transaktionen früher ausschließlich in der Technik der Stapelverarbeitung (Batch). Seit der Nutzung starker Vernetzung stehen aber die Finanzdienstleister vor der Herausforderung, ihre Daten je nach Situation, entweder im Stapel oder aber sofort in Echtzeit verarbeiten zu müssen.
Als griffiges Beispiel des Alltags mag das Abheben von Bargeld an einem Bankautomaten oder eine Überweisung im Internet gelten. Dabei muss das System in Echtzeit entscheiden, ob der Kunde berechtigt ist, einen Transfer zu tätigen oder eine Auszahlung zu erhalten. Es kann in einer solchen Situation nicht auf einen Batchvorgang zur Kontenabgleichung über Nacht gewartet werden.
Fast alle Finanzdienstleister versuchen daher in umfangreichen Projekten ihre IT den Erfordernissen unserer Zeit anzupassen. Weil aber existierende Altsysteme vor allem wegen der dort abgelegten Stammdaten weiterhin nutzbar bleiben sollen, versuchen die IT-Verantwortlichen ihre Systeme in serviceorientierte Architekturen zu kapseln, um sie in die nötigen Prozesse zu integrieren.
Kosten senken – Kunden binden
Leider sind zahlreiche Anwendungen in Finanzunternehmen häufig noch so ausgelegt, dass einzelne Prozesse, Workflows und Arbeitsgruppen relativ unkoordiniert parallel laufen. Dieser Umstand ist in der Regel auf Fusionen oder Übernahmen zurückzuführen. Vielfach haben einzelne Abteilungen auch eigene Programme entwickelt und wollen diese nur ungern aufgeben. Doch die unzureichende Integration bremst die Reaktionszeiten und verärgert Kunden. Zudem ist die wiederholte Eingabe von Daten hoch fehleranfällig.
Doch Geschäftsprozesse, die noch auf Papier basieren, sind in besonderem Maße ineffizient, arbeitsintensiv und treiben die Kosten in die Höhe. Banken und Versicherer müssen daher bei der Konsolidierung ihrer Geschäfts- und IT-Prozesse auf Dokumentenersteller zugreifen können, deren Lösungen die Geschäftsprozesse automatisieren und somit den Vertriebszyklus verkürzen. Fachleute berichten je nach Fall von Kostenersparnissen bis zu 90% durch den systematischen Einsatz entsprechender Werkzeuge für das Automatisieren und Personalisieren von Dokumenten.
Neben der Frage der Kostenreduzierung stehen auch die Kundenbindung und der Ausbau der Geschäftsbeziehungen im Mittelpunkt des Interesses. Das Gewinnen von Neukunden ist teuer. Gerade im stark wettbewerbsorientierten Privat- und Geschäftskundenbereich der Versicherungswirtschaft müssen sich daher alle Anbieter bemühen, Neukunden zu akquirieren und Bestandskunden zu halten. Kunden, die nur sehr kurz bei einer Gesellschaft bleiben, sind in der Regel ein Verlustgeschäft.
Last but not least müssen gerade Finanzdienstleister beim Thema moderne Dokumentenarbeit die gesetzlichen Auflagen zu Datenschutz, Datensicherheit, Unternehmensführung und Risiko-Management berücksichtigen. Die Verantwortlichen in den Unternehmen sind per Gesetz gezwungen, diese Regelungen strikt einzuhalten, da sie sonst persönlich haften.
In den USA regelt diese Fragen in erster Linie der Sarbanes Oxley Act von 2002. In Europa wurden die entsprechenden Verordnungen im Rahmen von Basel II und III festgelegt. Die damit verbundenen Vorgänge sind nicht nur kostspielig, sondern auch arbeits- und ressourcenintensiv. Werden die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllt, drohen rechtliche Konsequenzen, die zu Geldbußen und einem Imageverlust führen können.
Unterschiedliche Anbieter von DMS / ECM – Lösungen
Anbieter von Lösungspaketen für Dokumentenverarbeitung gibt es schon lange – praktisch schon seit es einen systematischen EDV-Einsatz in Unternehmen gibt (siehe Tabelle). Anfangs war das ein Thema der Automatisierung des Postversandes in großen Unternehmen (Mail Room Automation) in Kombination mit Großrechnern. Der bekannteste Vertreter ist der Marktführer der Frankiermaschinen, Pitnew Bowes. Neben der eigentlichen Hardware bietet das vor den Toren New Yorks ansässige Unternehmen schon seit Jahren entsprechende Systemsoftware und Dienstleistungen an.
Ebenfalls von der Hardware kommt Hewlett-Packard (HP) aus Palo Alto, der Marktführer der Druckeranbieter, der Speicherkönig EMC aus Massachusetts oder IBM als wichtiger Anbieter von IT-Infrastruktur. Alle haben sich, wie die Tabelle zeigt durch Zukäufe thematisch für Lösungen des Dokumenten Managements verstärkt: HP durch Exstream, EMC durch Document Sciences und IBM durch FileNet. Sie gelten heute als wichtige Player.
Neben diesen von der Hardware her kommenden Konzernen sind mit Adobe und OpenText zwei Spezialisten zu nennen, die von der Softwareseite kommen. Adobe aus San Jose hat sich neben seinen Kreativwerkzeugen vor allem durch das Format PDF im Bereich Dokumente einen Namen gemacht. Die Kanadier von OpenText aus Waterloo in der Provinz Ontario haben sich in den vergangenen zehn Jahren durch systematische Zukäufe als ECM Spezialist positioniert.
Mit der Firma QualySoft aus Wien ist noch ein kleiner Pionier aus Europa zu nennen, der sich mit seinem Geschäftsbereich Infinica stark gerade um das Thema Dokumentenerstellung bemüht. „Document Composition“ heißt das Software-Genre, das dafür maßgeschneidert ist. Damit lassen sich jegliche Art von Dokumenten oder interaktiven Formularen erstellen und verarbeiten. Derartige Lösungen, erlauben es, alle Dokumente mit minimalem Aufwand zu gestalten, zu produzieren und personalisierte, relevante Informationen schnell über verschiedene Kommunikationswege bereitzustellen, so das Angebot.
Doch abschließend muss festgestellt werde, dass gerade dieser Bereich des gesamten Paketes DMS / ECM sich noch schwer tut, bei potentiellen Kunden verstanden zu werden. Im Gegensatz zu den Bereichen Ablage und Archivierung sowie Workflow und Output-Management ist für die eigentliche Erstellung von Dokumenten noch nicht das Bewusstsein vorhanden, die das Thema verdient. Noch ist es eine verkannte Chance.
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