(geb. 1943 – gest. 2019)
1968 – 1983: Werk als Ingenieur
Die berufliche Entwicklung des diplomierter Vermessungsingenieurs war durchaus abenteuerlich. Nach ersten Vermessungsarbeiten in der bayrischen Heimat zog es Rudi Kulzer rasch in die große weite Welt. Er ging für vier Jahre ins Ausland.
Ein Jahr lang in Saudi-Arabien auf einer Großbausteile zur Oasenrekultivierung. Es folgten Arbeiten als Vermesser für die Erdölsuche in der Türkei, in Holland, in Libyen, in Südfrankreich und Peru wo er Ölfelder im südamerikanischen Anden-Staat Peru erschloss und im tropischen Regenwald des Amazonas lebte.
Auch zurück in der alten Heimat reizten Rudi vor allem neue Entwicklungen. Der Spezialist für Erdölexploration und Lagerstättenforschung konzentrierte sich fortan auf Umwelt- und Schallschutz, zunächst in der Gruppe Ingenieurbau und ab 1976 im eigenen Ingenieurbüro in München Schwabing, das sich auf Verkehrsraumplanung und Innenstadtgestaltung konzentrierte. Die vernünftige Radwegeplanung in München war für Rudi Kulzer eine Herzensangelegenheit, daher lag es nahe, dass er bei der Gründung des Allgemeinen Deutsche Fahrrad-Club e. V. im Bezirk München auch federführend war.
Nachdem einige größere Planungsprojekte politisch auf Eis gelegt wurden, hatte Rudi Kulzer erneut den Mut umzusatteln, und begann seine erfolgreiche journalistische Karriere als Quereinsteiger.
1983 – 2018: Journalistische Karriere
Als Verkehrsplaner kam Rudi Kulzer1983 über das Technikmagazin Chip zum Journalismus und berichtete zu den spannenden Anfängen der Personal- und Home-Computer. Chip gehört zu den großen Computerzeitschriften in Deutschland und war mit dem Siegeszug der Homecomputer in der 80ziger Jahren marktführend.
Es folgten der Aufbau der Zeitschrift „Computern im Handwerk“ als Chefredakteur und freie journalistische Arbeiten für den Verein Deutscher Ingenieure (VDI) sowie weitere IT-Fachmagazine.
1988 gelang Rudi der Sprung in die Wirtschaftsmedien, als Redakteur bei der großen Wirtschafts- und Finanzzeitung Handelsblatt. Zunächst arbeitete er zwei Jahre lang beim Handelsblatt in Düsseldorf, im Team Unternehmen & Märkte als Redakteur für Informationstechnologie und Anwendungen in Unternehmen. Dann ging er für das Handelsblatt in die USA.
Von 1991 bis 2002 war Rudi Kulzer US-Korrespondent für das Handelsblatt im Silicon Valley.
Fast ein Dutzend Jahre lebte er in Palo Alto in der Addison Avenue nahe der Garage, in der der Computerkonzern Hewlett Packard (HP) gegründet wurde, und berichtete täglich zu spannenden neuen Entwicklungen aus dem digitalen Schmelztiegel. In keiner anderen Region auf der Welt gab so viele kreative Forscher, Unternehmer und Investoren wie damals im Silicon Valley. Rudi Kulzer brachte seinen deutschen Lesern nicht nur die führenden Köpfe der Informationstechnologie näher, er ging auch auf Tuchfühlung mit interessanten Startup-Gründern. Kein anderer deutscher Journalist kannte die wirtschaftlichen und technologischen Zusammenhänge der IT-Branche besser als Rudi Kulzer.
Im Jahr 2002 kehrte er nach München zurück und blieb dem Handelsblatt, vor allem der Online Ausgabe, weiterhin verbunden. Seit 2005 arbeitete Rudi Kulzer als freier Publizist für Themen aus Technik und Kultur in München. Auch im Ruhestand blieb „ruk“ aktiv und startete 2009 seinen eigenen Blog mit Kommentaren, Meinungen und Analysen zur IT, Kulturtechnik und Gastronomie.
Im Mai 2018 machten ihm die Folgen von zwei schweren Schlaganfällen das journalistische Arbeiten unmöglich. Am 11. Juli 2019 ist Rudi Kulzer im Alter von 75 Jahren während eines Krankenhausaufenthalts in München gestorben.
Erinnerungen an einen großartigen Menschen
Es gibt viele wunderbare Builderl‘ und G’schichtenvon Rudi Kulzer, die zahlreiche Menschen, die ihm begegnet sind, für immer in ihren Herzen tragen werden.
Sein sonniges Naturell machte ihn beliebt und zum Mittelpunkt so mancher Gesellschaft. Es war es stets eine große Freude mit Rudi zu sprechen – denn er war so klug, so herzenswarm und man konnte mit ihm herrlich scherzen, lästern und philosophieren. Der stolze Besitzer tausender Bücher hatte nicht nur ein ungeheuer breit gefächertes Wissen, sondern konnte auch rasch verblüffende Zusammenhänge herstellen.
Als echter ‚Kümmerer‘ mit Antennen für sein Gegenüber war Rudi stets mit einem guten Wort zur Stelle, mit unterstützenden Lebensweisheiten oder manchmal auch mit einer großartigen Zeichnung, die seinem Gegenüber ein Lächeln auf das Gesicht zauberten. Der geschickte Zeichner konnte nämlich nicht nur Pläne entwerfen, sondern auch Karikaturen, die Menschen mit einen Federstrich auf ihre charakteristischen Wesenszüge reduzierten, blitzschnell zeichnen.
Rudi war ein fröhlicher Entertainer und Mensch mit unermesslichem Sprachwitz: Ständig erfand er Wortspiele, Neuschöpfungen eigener Wörter und war meisterlich in sprachlicher Kombinatorik. Als ungemein sprachbegabter Mensch erschloss er sich mehr als neun Sprachen über „learning by doing“, ohne seinen bajuwarischen Akzent zu verbergen. Mit seiner grenzenlosen Sprech- und Redefreude, seiner Unbefangenheit bei neuen Kontakten und seinem menschenneugierigen Aufeinanderzugehen bei Unbekannten, gewann er Freunde auf der ganzen Welt.
Der Mann, der mit dem Kochlöffel ebenso gut umzugehen wusste wie mit dem Korkenzieher war ein exzellenter Koch und Feinschmecker – mit Liebe zum Bodenständigen, der seine Freunde gerne phantasievoll „kulzinarisch“ verwöhnte. Man konnte mit ihm stundenlang essen, trinken, ratschen ‒ und die Zeit verging im Flug.
Mit Rudi ist uns ein wunderbarer Mensch, ein tiefer Erfahrungsschatz, ein weltoffener, messerscharfer Geist und ein Herz voller Zuneigung zu den Menschen verloren gegangen.
Seine unsterbliche Seele aber bleibt für immer in unseren Herzen und in unseren Gedanken.